HALTERN Ein großer Druck ist gewichen, das Ernst Lossa-Haus II ist bezogen und macht 19 Bewohner glücklich. Über 180 Mitdenker und Entscheider waren beteiligt. Samstag feierte der Verein "Behinderte wohnen in Haltern" als Bauherr mit vielen Gästen Einweihung.
Außen ist es zeitlos und schlicht, innen bunt wie ein Papagei. Zimmer mit suppengrünen, zartrosa oder postgelben Anstrichen übersetzen Gefühle, die Daniela und ihre
Mitbewohner auf der Einweihungsfeier auf Bannern und in Worten ausdrückten: „Wir fühlen uns wohl, weil hier unsere Freunde sind.“
Gäste aus Politik, Kirche, Vereinen und Verbänden gratulierten am Samstagmorgen zur Fertigstellung des Ernst Lossa-Hauses II am Lohkamp 8. Gisela Schmitt und ein kleines Veeh-Harfen-Orchester stimmte
sie musikalisch auf den Tag mit Reden, Gesprächen, Hausbesichtigung und Mittagsmahlzeit ein. „Wir feiern heut’ ein Fest“ lag als Melodie über diesem besonderen Tag.
Bereits am 15. November letzten Jahres hatten 19 Bewohner im Alter zwischen 30 und
59 Jahren Einzug gehalten. Sie sollten sich erst in Ruhe einleben. „Dass sich heute alle
über ein behagliches neues Zuhause freuen, empfinden wir als schönstes,
eindrucksvollstes Dankeschön“, sagte Ulrich Müller, Vorsitzender des Vereins
„Behinderte wohnen in Haltern“. Er dankte vielen, die dem Verein während der Planung
und Bauausführung zur Seite standen: Architektin Andrea Gauß ebenso wie seiner
Ehefrau Angelika, die ihm den Rücken freigehalten habe, und nicht zuletzt den
Nachbarn, die selbst bei Bauwassermangel in die Bresche gesprungen seien.
Hoher Aufwand
„Die größte Herausforderung für die Planung“, so führte Architektin Andrea Gauß aus,
„war, ein Wohnhaus zu schaffen, das alles zulässt: wohnen, zusammen leben, sich
gegenseitig helfen und sich auf Wunsch auch zurückziehen zu können.“ Ein solches
Projekt bewältige man nicht allein. Andrea Gauß erwähnte besonders Statiker Stephan
Gerlach, das städtische Bauamt, Ulrich Müller sowie Hausleiter André Schröder.
„Ein weiteres Gebäude dieser Art wird es wohl nicht noch einmal geben, der zeitliche
Betreuungs-Aufwand, um alle bürokratischen Anforderungen und Richtlinien zu
erfüllen, ist einfach zu groß.“ Hiltrud Schlierkamp, stellvertretende Bürgermeisterin,
würdigte die Anstrengungen: „Sie haben ein großes Projekt hervorragend gestemmt.“
Christoph Sebbel (Volksbank) betonte, sein Institut habe dieses respektable Projekt
gern begleitet.
Gutes Zusammenleben
Pfarrerin Regine Vogtmann erinnerte an die Losung 2015 der evangelischen Kirche:
"Nehmet einander an wie Christus auch euch angenommen hat." Damit tue eine
Gesellschaft sich oft schwer, sagte sie erinnernd an die Morde in Paris oder die
"unseligen Demonstrationen" in Deutschland.
"Auch im kleinen Umfeld tun wir uns mit Unterschieden schwer", gab die Pfarrerin zu
bedenken. Sie lud ein, einander anzunehmen in Gegenseitigkeit und wünschte ein gutes
Zusammenleben im Haus und in der Nachbarschaft. Jede Gemeinschaft müsse
sicherlich auch mal Zoff aushalten. Für den ersten Zoff aber wollte sie nicht sorgen.
Deshalb brachte sie extra den fair gehandelten Kaffee ohne Schalke-Aufdruck als
Geschenk aus dem Eine-Welt-Laden mit.
HALTERN. „Das Grundstück könnte prädestiniert für römische Funde sein“, vermutet Dr. Bettina Tremmel. Die Archäologin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) steht am Bauzaun des
Grundstücks Lohkamp 8, auf der Anhöhe zwischen ehemaligem Hauptlager (Römermuseum) und „Ostlager“. Hier haben die ersten Arbeiten zur Erweiterung des Ernst-Lossa-Hauses begonnen.
Der Abriss des alten Einfamilienhauses auf dem Gelände löste viel Wehmut bei Anwohnern und Mitgliedern des Vereins aus, so der Vorsitzende des Vereins „Behinderte wohnen in Haltern e.V.“,
Ulrich Müller. Er vermutet, dass der Schmerz nur vorübergehend ist, da der Neubau 15 Menschen mit Behinderungen ein lebenswertes Zuhause ermöglichen wird.
Im Beisein von Müller, Heimleiter Andre Schröder und Architektin Andrea Gauß konnte Bettina Tremmel eine erste Bodenuntersuchung durchführen. Marc Köster
hatte mit seinem Bagger einen zwei Meter breiten, zehn Meter langen und 140 Zentimeter tiefen Graben mitten auf dem Grundstück gezogen.
Außer Wühlmauslöchern, eisenhaltigen Einschlüssen in der Erde konnte die Archäologin nichts finden. „Der Ausschnitt ist lupenrein und ich kann leider keine Anzeichen römischer Aktivitäten finden“,
sagt Tremmel und verpricht, bei Beginn der Bauarbeiten für das Wohnheim im Juli nochmals vorbei zu schauen.
„Möglicherweise finden sich in etwas tieferen Schichten doch noch römische Funde, die der Nachwelt erhalten werden müssen.“st